Impulse aus Wissenschaft und Forschung. Schriften der Pädagogischen Hochschule Burgenland.
„Unterscheidung und Bewahrung“ lautete der Titel einer Festschrift für Hermann Kunisch aus dem Jahre 1961. Die Bedeutung dieses Titels umfasst nicht nur den in diesem Band behandelten Bereich der Germanistik, sondern hat in besonderem Maß auch für die Pädagogik und ihre Vertreterinnen und Vertreter Gültigkeit. Denn „Mündigkeit bezeuge sich darin, ob er imstande sei, das ästhetisch und moralisch Gute vom Unzulänglichen, das Wahre vom Falschen zu unterscheiden“ (Lazarowicz/Kron, S. V ), denn „wer unterscheidet, habe sich zu entscheiden“ (Lazarowicz/Kron, S. VI). Und die Entscheidung einer/s verantwortungsvollen Pädagogin/Pädagogen hat immer für den Menschen und gegen Modeerscheinungen zu erfolgen: In einer Zeit, in der - bedingt durch die Omnipräsenz der Massenmedien – der Zeitgeist immer größeren Einfluss hat, gilt es gerade im Bereich der Pädagogik Modeströmungen, die diesem Zeitgeist entstammen, zu erkennen, zu bewerten und dementsprechend zu entlarven: Der Mensch als Maß aller Dinge kann und darf zu keiner Zeit instrumentalisiert werden. Dies bedingt eine ständige Auseinandersetzung und Selbstbildung der Pädagogin/des Pädagogen in ihrer/seiner Verantwortung für den (jungen) Menschen. Denn gegenwärtig scheint es unser Metier zu sein, „mit immer neuen Modeströmungen umgehen zu müssen, dabei ständig die Sprache zu wechseln und auf Dauer keinen guten Ruf zu erwerben“ (Oelkers, online). Kein Mensch – und schon gar nicht das Kind – darf „in eine Form gepresst werden, die ihm nicht angemessen ist“ (Lederer, S. 26). Bildung heißt dementsprechend, dass der Mensch niemals das Instrument für Bildungsvorgaben sein darf, sondern dass umgekehrt Bildungsangebote das Instrument zur Menschwerdung des Menschen sein müssen. Dass die PH Burgenland bemüht ist, diesem Primat des Menschen zu entsprechen, zeigen auch diesmal die in dieser Ausgabe enthaltenen Beiträge:
Hans Zeiringer setzt sich in seinem Grundsatzartikel mit dem Verhältnis von ganzheitlicher Bildung und Kompetenzen auseinander, der Artikel von Eva Maltrovsky eröffnet mögliche Anregungen zur Bildung über Ästhetik und Kunst. Mit den Facetten von „Lernräumen“ beschäftigt sich Gundl Rauter-Loibl und Andrea Weinhandl hinterfragt das Konzept des rückwärtigen Lerndesigns. Sabrina Schrammel schreibt in ihrem Beitrag über Aspekte der kooperativen Schulentwicklung und Thomas Benesch begründet die Möglichkeiten einer Begabungsförderung durch Tangrams. Leonhard Schneemann und Nikolaus Steiger zeigen in ihrem Beitrag die Entwicklung der professionellen Fortbildung für Lehrerinnen und Lehrer des berufsbildenden Schulwesens aus der Sicht der PH Burgenland und des Landesschulrates für Burgenland auf. Letztendlich ist die Internationalität dieser Ausgabe von ph publico durch zwei Beiträge von Kolleginnen unserer Partneruniversitäten in Sopron und Brünn gegeben: Anna Tauber Mentes geht der Frage nach, welchen Beitrag Musiktherapie zur Entwicklung einer sicheren Bindung leisten kann und Helena Vaďurová setzt sich mit den Bereichen Integration und Inklusion in ihrem Verhältnis zueinander und in ihrer Bedeutung für die Sonderpädagogik auseinander. Die Vielfalt der Beiträge in dieser Ausgabe zeigt wieder, welche Wertigkeiten Humanwissenschaften umfassen können, deren Grundlage aber immer das menschliche Sein sein muss: „Die Wissenschaft bewahrt die edelsten Erwerbungen des Menschen, die höchsten irdischen Güter, aber was ist sie gegen die Grundlage des Daseins wert …“ ( Jacob Grimm, zit. n. Lazarowicz/Kron, S. VI).